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Verhaltenstherapie - Was ist das überhaupt?

  • Sabine Abert
  • 19. Okt. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. März

In Deutschland sind derzeit vier psychotherapeutische Behandlungsverfahren (sog. Richtlinienverfahren) anerkannt, deren Leistungen durch die Krankenkassen erstattet werden können. Neben der analytischen Therapie, der tiefenpsychologisch fundierten Therapie und der systemischen Therapie, ist die Verhaltenstherapie eines dieser Verfahren.


All diese Behandlungsmethoden basieren auf einer umfassenden Theorie zur Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen und ihrer Behandlung. Sie unterscheiden sich jedoch durch ihre Herangehensweisen.


Die Verhaltenstherapie versteht sich als ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren. Die angewandten Methoden werden in vorausgehenden Studien auf ihre Wirksamkeit überprüft.


In meiner Praxis kommt die Behandlungsmethode der kognitiven Verhaltenstherapie zum Einsatz.


X: „Moment, kognitiv? Was bedeutet das genau?“


Dazu müssen wir uns den geschichtlichen Hintergrund anschauen. Die Verhaltenstherapie wurde nicht von einem bestimmten „Gründervater“ gegründet, sondern hat ihre Wurzeln in den psychologischen Lerntheorien und der experimentellen Psychologie. Vielleicht haben Sie schon einmal von den Hunden des Wissenschaftlers Iwan Pawlow gehört, die auf ein Glockenklingeln mit Speichelfluss reagieren, nachdem sie den Zusammenhang von Futtern und Klingeln in einem Experiment gelernt haben (Stichwort „klassische Konditionierung“). Die früheren Erkenntnisse aus Tierversuchen wurden zunehmend auf den Menschen übertragen. Der Anspruch war eine objektive Naturwissenschaft zu entwickeln, die sich mit psychologischen Zusammenhängen befasst. Später fand man heraus, dass es um weitaus mehr als um verhaltensbezogene Reaktionen auf Reize geht. Schließlich kann der Mensch auch denken und das nicht zu knapp (Stichwort Grübeln…). Hier kommt die kognitive Wende ins Spiel, die sich in den 1960er und 1970er Jahren vollzog. Von nun an ging es nicht mehr nur um das Verhalten, sondern auch um die begleitenden kognitiven bzw. gedanklichen Prozesse, zu denen neue Therapieansätze entwickelt wurden. Auch hier blieb die Weiterentwicklung des Verfahrens nicht stehen, denn es kommen ständig neue Methoden und Erweiterungen hinzu, die sich ebenfalls als hilfreich erwiesen haben (z.B. Achtsamkeit, akzeptanz-, emotions- und biografieorientierte Konzepte uvm.). In der Therapie geht es also nicht nur darum zu lernen, anders zu handeln, sondern es wird auch das nicht-sichtbare Verhalten i.S.v. Gedanken, Gefühlen und körperlichen Prozessen mit einbezogen.


Wichtig ist auch, dass sich die Verhaltenstherapie weniger mit der Entstehung und den Ursachen einer Erkrankung befasst als mit der aktuellen Symptomatik. Selbstverständlich wird dennoch ein Erklärungsmodell erarbeitet, das auch biographische Aspekte beinhaltet. Wichtig ist dabei insbesondere, welche ungünstigen Verhaltens- und Denkmuster bewusst oder unbewusst erlernt wurden (bzw. auch was evtl. nicht oder zu wenig gelernt wurde).


Ziel ist es diese alten und heute nicht mehr sinnvollen oder gar schädlichen Muster zu bearbeiten und neue hilfreichere Strategien aufzubauen. Dadurch sollen die Symptome reduziert werden. Durch die Vermittlung von Hintergrundwissen zur Symptomatik und die gemeinsame Erarbeitung von verschiedenen Erklärungsansätzen und Methoden sollen die PatientInnen selbst zu ExpertInnen ihrer Erkrankung werden. Die Verhaltenstherapie liefert also Hilfe zur Selbsthilfe.

X: „Und wie läuft das genau ab?“


Die Verhaltenstherapie ist ein störungsspezifisches Verfahren, d.h. es wird für jede psychische Erkrankung ein spezifisches Vorgehen entwickelt und es kommen erprobte Interventionen zum Einsatz, die sich in Studien als wirksam erwiesen haben. Natürlich werden die Methoden trotzdem individuell auf den/die jeweilige/n Patient/en zugeschnitten und in einem Behandlungsplan festgehalten.


Zu Beginn der Behandlung wird erarbeitet, welche Bedingungen der individuellen Lebensgeschichte sowie der aktuellen Lebenssituation zur Entstehung und Aufrechterhaltung der psychischen Symptomatik beigetragen haben. Wir schauen uns an, welche Faktoren noch heute ungünstig fortwirken und welche Veränderungen sich die PatientInnen in Ihrem Leben wünschen. Gemeinsam definieren wir individuelle Behandlungsziele und arbeiten dann an der Umsetzung von der Theorie in die Praxis. Zwischenzeitlich wird immer wieder überprüft, ob und welche Ziele bereits erreicht wurden.


Ein zentraler Aspekt ist dabei auch die Eigeninitiative der PatientInnen, denn die meiste Veränderung geschieht zwischen den Therapiesitzungen. Deshalb gibt es in der Verhaltenstherapie häufig therapeutische „Hausaufgaben“, die zuvor gemeinsam besprochen und festgelegt werden. Das können Übungen zur Selbstbeobachtung sein (Wie verhalte ich mich in bestimmten Situationen? Was denke ich, wenn ich grüble? Usw.), die Erprobung einer Entspannungsmethode, die Beantwortung von Fragen zur Selbstreflexion oder auch kleinere „Verhaltensexperimente“ bzw. Übungen im Alltag. Diese werden selbstverständlich zuvor besprochen und Sie müssen nichts tun, was Sie nicht auch selbst möchten.


Fazit X: „Die Verhaltenstherapie ist also ein wissenschaftlich gut überprüftes Therapieverfahren, das sich an den aktuellen Symptomen orientiert und dessen Ziel es ist die Symptome zu reduzieren. Dabei kommen verschiedene Interventionen und Übungen zum Einsatz, die sich an den jeweiligen Therapiezielen orientieren. Als PatientIn kann ich viel über meine Verhaltens- und Denkmuster lernen und erfahre, wie ich mir selbst besser helfen kann. Damit ich von der Therapie profitiere, muss ich auch zwischen den Therapiesitzungen weiter an mir arbeiten.“


Ob die Behandlungsmethode der Verhaltenstherapie Ihren Erwartungen entgegenkommt und sich zur Behandlung Ihrer Symptomatik eignet, können wir gerne gemeinsam während der probatorischen Sitzungen klären. Kontaktieren Sie mich gerne, um einen Termin zu vereinbaren.


Weiterführende Informationen zur Psychotherapie finden Sie z.B. bei der Psychotherapeutenkammer Bayern:




 
 
 

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